Jesus ist mit seinen Jüngern uterwegs nach Jerusalem. In Jericho sitzt ein Blinder am Weg und bettelt.
„Hey, was ist da los?“, ruft er. „Was verpasse ich gerade?“ „Nichts Besonderes“, sagt einer der lahmen Bettler. „Jesus, der Rabbi aus Nazareth, kommt gerade in die Stadt.“ „Nichts Besonderes? Bist du noch zu retten? Weißt du nicht wer das ist? Der kann uns helfen!“, sagt der Blinde. Und er brüllt: „Jesus, Sohn Davids, hab Erbarmen, bitte hilf mir!“
Die ganzen wichtigen Leute um Jesus herum sind genervt. Da hat Jesus doch gerade wichtige theologische Fragen angestoßen und jetzt brüllt so ein ungewaschener Typ.
„Halt die Klappe. Merkst du nicht, dass du hier störst?“ Doch er brüllt weiter: „Jesus, Sohn Davids, hab Erbarmen, bitte hilf mir!“ Jesus bleibt stehen und unterbricht die Diskussion. „Kurze Pause. Das hier ist wichtiger. Bringt mir den guten Mann doch mal her. Was möchtest du von mir?“
„Ich möchte endlich wieder sehen können. Das Gesicht meiner Frau, meine Kinder, Farben. Ich möchte endlich eine richtige Arbeit anstatt hier zu betteln und mich unnütz zu fühlen. Ich möchte sehen können!“
„Wenn das dein Wunsch ist, dann sollst du das auch“, sagt Jesus und dann sieht der Mann. Zum ersten Mal.
Dann sagt Jesus noch etwas Spannendes: „Dein Glaube hat dich gerettet.“
Spannende Fragen
Dabei bleiben so viele spannenden Fragen:
1. Warum verhindern Leute, die Jesus nahe sind, fast das Wunder?
Christen waren immer dann am schwächsten, wenn es um Macht ging. Wenn meine Beziehung zu Jesus darauf reduziert wird, dass ich mehr Recht habe als der nächste oder Gott vermeintlich näher stehe, dann sind Lieblosigkeit und mangelnde Relevanz das Resultat. Dann muss Jesus seine Wunder eben ohne uns tun.
2. Warum fragt Jesus: „Was soll ich für dich tun?“ Ist das bei einem Blinden nicht offensichtlich?
Kennst du diesen Druck, ständig Erwartungen nicht erfüllen zu können? Vielleicht würde dir die Frage helfen: Was willst DU eigentlich? Ein guter Freund hat mir sehr lange erzählt, was er nicht mehr möchte in seinem Leben. Daraufhin habe ich ihm diese Frage gestellt: „Kannst du mir erzählen, was du willst?“ „Gute Frage“, sagte er. „Wenn ich ehrlich bin, muss ich mich mal länger hinsetzten und darüber nachdenken.“
Ich glaube, der Wille Gottes ist, dass du dir Gedanken machst, was DU willst. Was dich wirklich ausfüllt und zutiefst glücklich macht.
3. Warum sagt Jesus: „Dein Glaube hat dich geheilt?“
Ich glaube, Jesus redet hier über die Vorstellungskraft des Blinden. Andere mögen sich mit ihrem Schicksal abgefunden haben. Er nicht. Er wusste was er wollte, er hat sich vorgestellt, wie es sein kann zu sehen und deswegen brüllt er nach Gottes Hilfe, als die anderen ihn ruhig halten wollen.
Und du?
Was willst DU? Was wünschst DU dir? Mehr barfuß laufen — besser vergeben können — weniger arbeiten — mehr Zeit für die Leute, die dir wichtig sind — besser essen …
Was müsste passieren, damit du anfängst, das zu leben?