Anfang des Schuljahres saßen wir, zur Ehren unserer Tochter Jubilee, in der ehrwürdigen Aula der Realschule und durften miterleben, wie eine Theatergruppe zur Einschulung, jedes neue Schulfach, in kreativen, witzigen kleinen Sketchen, vorstellte.
Eine Handvoll Schüler geduldig, in einer Warteschlange, Regenschirm und Zeitung unter dem Arm … Englisch
Vier Schüler, in Badeanzügen, die sich fröhlich Wasserbälle zuwerfen … Schwimmen
… Und dann kam Religion!
Durch die Lautsprecher erhallte ein äußerst altmodischer Choral, zwei Schüler liefen in betender Haltung über die Bühne und drei Sekunden später war das Ganze Spektakel vorbei. Selbst zu textilem Werken ist der Theatergruppe mehr eingefallen.
Zu dem was wir Christen in diesem Land machen, fällt den Menschen anscheinend nichts mehr ein!
Wenn man den revolutionären Charakter von Jesus Botschaft über eine mögliche neue Welt auch nur annähernd erahnt, müsste man das Heulen kriegen. Wie konnte das passieren?
Eines Abends, als Jesus mit ein paar Größen seines Volkes zusammen beim Abendessen lag, machte er eine interessante Beobachtung. „Ihr macht so viel richtig! Ihr wollt Gott so sehr gefallen, dass Ihr sogar 10% von Euren Gewürzen abzählt, wenn Ihr in den Tempel, zum opfern geht. Euer Streben eine persönliche Beziehung zu Gott aufzubauen ist absolut bewundernswert. Es gibt nur ein entscheidendes Problem! Etwas noch wichtigeres vergesst Ihr dabei völlig!“
Kurze Zwischenfrage: „Was kann denn noch wichtiger sein, als meine persönliche Beziehung zu Gott?“
1. Soziale Gerechtigkeit: Sich kümmern um Schwache, Einsame, Unterdrückte, Fairtrade
2. Gnade: Nie von oben herab! Wir sind alle gleich, manchmal brauche ich Hilfe, manchmal mein Gegenüber. Es gibt keine bessere Art zu leben!
3. Aktiver Glaube: „Das was ich glaube, das lebe ich auch!“
Das, sagt Jesus, ist noch wichtiger, als meine persönliche Beziehung zu Gott!
In den gut zwei Jahren, seid ich wieder in Deutschland wohne, habe ich einige Predigten mitbekommen. Fast immer geht es um persönlichem Glauben. Selbst das Wort „Moral“ ist wieder in. Nicht mehr so oft, mit dem erhobenen Zeigefinger, da haben wir Jesus, zum Glück, verstanden! Man will ja nicht wie die doofen Pharisäer in den Evangelien wirken!
Aber manchmal habe ich das Gefühl, als wenn wir gar nichts mehr sind. Auf der einen Seite feiere ich, dass wir Christen aufgehört haben den Moralapostel zu spielen, der vor lauter Angst zu Sündigen, immer so unnatürlich verkrampft lächelt.
Auf der anderen Seite möchte ich nicht aufhören zu träumen, was möglich wäre, wenn wir gemeinsam das „wichtigere“ anpacken würden.
Ich habe mir schon Szenen ausgemahlt, falls das Theaterteam der Realschule mal wieder Religion vorstellt:
1. Szene: Christen die Brunnen in Afrika bauen
2. Szene: Christen die durch gute Kinderarbeit Gefängnisse leerlieben
3. Szene: Christen die mit allen möglichen ganz anderen Rassen, Klassen, Meinungen zusammen Feste feiern und dabei meinetwegen fair gehandelten Kaffee trinken
Weh euch, Schriftgelehrte und Pharisäer, ihr Heuchler, die ihr den Zehnten gebt von Minze, Dill und Kümmel und lasst das Wichtigste im Gesetz beiseite, nämlich das Recht, die Barmherzigkeit und den Glauben! Doch dies sollte man tun und jenes nicht lassen. (MT. 23, 23)
This would be much better in english – in fact, I may even be able to read it!! – Hi Frankie!
Ok, ich habe dazu noch ein paar andere Gedanken und vielleicht (mal wieder) einen etwas anderen Blickwinkel… Ich hoffe nur, meine Kommentare werden hier nicht als das Bellen eines scharfen Hundes verstanden. Ich finde das hier alles richtig gut… Aber jetzt mal ans Eingemachte:
Also, als ich deine Vorschläge für eine bessere Präsentation des Fachs Religion gelesen habe, habe ich mir mal vorgestellt, was ich denken würde, wenn ich solche Szenen unvermittelt sehen würde und an was sie mich erinnern würden. Und das ist echt nicht Religion oder das Christentum. Das könnte auch Sozialkunde sein oder Wipo oder irgendwas. Und eigentlich wird das auch total schnell klar: Christen sind ja nicht die Einzigen, die Brunnen bauen oder etwas gegen vernachlässigte Jugendliche tun. Gerade gestern sah ich im Fernsehen eine Diskussion über das Abschieben junger krimineller Ausländer und da waren auch Familien, die jugendliche „Knackis“ resozialisierten. Und Beck´s hat mit jedem Bierkasten einen Quadratmeter Regenwald gerettet. Na ja, nur mal so als Beispiel. Das sind meiner Meinung nach nicht typisch christliche Dinge. Und jetzt komme ich zu zwei Schlüssen: 1) „Gut“sein ist kein Privileg der Christen! Ich meine, du hast ja trotzdem Recht. All diese Dinge gehören zu Christen und sie sollten all das tun (wollen). Aber wir sind nicht die Einzigen. Und das bringt mich auf den zweiten Schluss: 2) Ist das nicht ein Zeichen, dass wir alle eine Ahnung davon haben, was Gott und wer er ist? Woher kommt das Streben nach dem Guten, nach dem Selbstlosen? Der Sinn des Richtigen und der Moral oder Ethik? Warum rettet eine Mutter ihr Kind und opfert dabei wissentlich ihr Leben? All das geschieht aus Liebe und da hast du Gott. Gott ist die Liebe. Die Mutter rettet das Kind, obwohl sie (wenn sie nicht an Gott glaubt) ihrer Meinung nach nie wieder denken oder leben wird. Sie hat absolut keinen Nutzen davon.
Mal ganz ehrlich: Wie sollen Menschen den Glauben darstellen, wenn sie keine Ahnung davon haben oder nicht wissen, woher die Liebe kommt? Und noch etwas schärfer formuliert: Ist es dein Glaube, einfach nen Brunnen zu bauen? Ich denke, du müsstest die ganze Welt bauen, um deinen Glauben zu verdeutlichen. Ich sitze in einem eindrucksvollen Haus. Müssen wir diese Baukunst nicht auch Gott zu Füßen legen und ihm dafür danken und ihn damit verherrlichen? Alle Erfindungen dieser Menschheit sind sein Geschenk. An Erfindungen sieht man oft, wie hilflos die Menschen eigentlich sind. So viele Zufälle haben die meisten wichtigen Errungenschaften hervorgerufen. Beeindruckend. Wollte Gott diesen Leuten, die manchmal ihr Leben lang danach suchten und es zum Schluss durch einen echten Zufall fanden, zeigen, wie wenig sie wirklich in der Lage sind, so etwas zu finden oder gar zu schaffen? Ich denke schon… Es gibt diesen Song: Er hält die ganze Welt… Na ja… Du müsstest die Liebe zeigen, müsstest die Ruhe deiner Seele zeigen und so weiter… Ist schon schwer.
Und noch was zur persönlichen Beziehung: Ich hatte erst den Eindruck, es wäre falsch interpretiert zu sagen, dass die persönliche Beziehung und die Taten unabhängig voneinander sind. Ich dachte, die „Größen seines Volkes“ hätten einfach nur einen Teil vergessen oder nicht beachtet. Denn ich denke, wer mit Gott lebt, in dem spiegelt er sich auch wieder und so wird man automatisch die Lehren Gottes und Jesu ausleben wollen. Wenn ich mit einem anderen Menschen einen persönliche Beziehung habe, dann ist das ja auch so. Ich habe mal was wahres gelesen: Da sind drei Freunde. Freund drei stirbt. Dann stirbt aber nicht nur sein Anteil an der Gruppe, sondern auch der Teil, den er in Freund eins und zwei hervorgerufen hat. Denn keiner brachte Freund zwei so zum lachen, wie der verstorbene Freund drei. Und Freund eins wird… Ist das verstänlich? ich empfinde es jedenfalls so, dass sich Jesus in mir spiegelt, so weit ich es zulasse oder richtig verstanden habe. Und das nur, weil ich in persönlicher Beziehung mit ihm stehe. Eben, wenn ich die Beziehung nicht hätte, würde ich vielleicht nur um ihn buhlen und ihm Geschenke machen, wie es die Größen des Volkes taten.
Aber vielleicht hast du Recht. Ich weiß es gerade auch nicht genau.
Na ja, danke für die guten Gedanken, die helfen mir und bringen mich zum Nachdenken. Und bau deinen (unseren) Brunnen. Ich würde dir dabei helfen. 😉
Lieber Realschüler!
Gute Gedanken!
Vielleicht mal drei Ideen zurück! (Ich bin Pastr und wir haben komischerweise immer genau drei Ideen)
1. Ich finde den Gedanken wichtig, den Du ansprichst, dass wir Christen uns abschminken, dass nur das gut und wahr ist, was von uns kommt. Der alte Paulus hat mal gesagt, dass wir das was gut und wahrhaftig und gerecht ist feiern und uns daran orientieren sollten. Ob also Atheisten, Buddhisten oder wer auch immer Brunnen bauen oder gute Ideen haben, das darf ich als „von Gott“ feiern und ich orientiere mich daran.
2. Jesus Idee war, das wir Christen an unserer Liebe, an unseren guten Taten erkannt werden. Nicht an dem was wir intellektuell glauben oder wie religiös wir rüberkommen!
3. Die ganz wichtige Frage, was bringt der Glaube an Jesus denn dann? Zwei Beispiele:
– Jesus hat seine Nachfolger immer wieder an das Wunder erinnert, wo er aus ein paar Brötchen und Fisch die Speisung der 5000 organisiert hatte.
Als Nachfolger Jesus glaube ich, dass meine kleinen Taten, tatsächlich zu dieser neuen Welt beitragen, die „hier unten, wie da oben im Himmel“ macht. Dieser Glaube, dass Gott mit meinen Broten und Fischen Wunder tun kann motiviert mich ungemein
– Ich weiß nicht wo andere ihre Liebe hernehmen. Ich kann nur aus der Gnade schöpfen, die ich von Jesus mitbekommen habe. Hört sich voll simpel an, ist aber irgendwie doch mystisch und schön und doch ganz real.
Würde gerne mal mit Dir gemeinsam einen Brunnen bauen. Die Dinger werden immer günstiger und Geld für einen halben habe ich mit miner Familie schon zurückgelegt. Machs gut!
brunnen bauen wär ich dabei. was kost so n ding eigentlich??
Moin Dehhhhhhnis!
Um die 2000 US Dollars hab ich neulich gelesen!
puh…. muss ich noch sparen, oder dem patenkind in afrika das geld kürzen … gut, war n schlechter scherz.
haben hier in falkenberg beim anorak aber auch schon länger die idee und den wunsch, so ne art social club zu machen, uns selbst und auch die jugendlichen zu motivieren, was „gutes“ zu tun. hoffe, dass das bald anläuft und wirklich weite kreise ziehen kann. ich frag mich nur, ob das in der öffentlichkeit wirklich etwas bewirken kann, oder ob wir christen nicht schon immer und oder ind den meisten epochen einen schlechten ruf hatten (ohne das jetzt als ausrede zu sehen, nichts zu machen…).
is auch nur so n gedanke.
Hi Dennis,
kannst du mal schreiben, was genau ihr euch vorgestellt habt? Also, in welchen Bereichen wollt ihr tätig werden, welche finanziellen Mittel aufwenden, welche Leute ansprechen und auch: Welche Reatkion der Öffentlichkeit erwartet oder wünscht ihr euch? Und auf welche Weise wollt ihr die „Botschaft“, wenn überhaupt, mit einbeziehen? Vielleicht kann man sich bei euch ja was abgucken… 😉
Viel Erfolg bei der Planung…
hui, so viele fragen. sind grade in der konzeptionellen phase (hauptsächlich macht sich darüber auch der lütt, mein „chef“, gedanken…der wird dafür auch bezahlt…).
haben am 23.2. mal ein erstes treffen, wie wir das konkret aussehen lassen können:
„der socialclub startet ein erstes geathering aller, die sich sozial engagieren wollen. die sich einsetzen wollen für rechte von mädchen in ländern wo diese nur menschen 2. klasse sind. für alle, die auf kinderarbeit und ausbeutung von kaffeebauern aufmerksam machen wollen. die darüber nachdenken möchten, was man anders und besser machen kann. dies ist ein treffen aller kleinen weltverbesserer und träumer! hast du bock was zu bewegen? dann sei dabei!
in welchen bereichen: hauptsächlich wollen wir vor ort präsent werden (geplant sind aktionen“ (www.anorak21.de)
dann wird sich das konkretisieren und ich werde euch auf dem laufenden halten
Danke, DEHNIS. Hab mir mal die Seite angesehen und ich finde das alles ganz gut. Das Magazin (wo kann ich denn mal ne komplette Ausgabe bekommen oder online lesen?) hat mich auf ein paar Gedanken gebracht: Man hat damit eigentlich alle MÖglichkeiten, seinen Glauben aktiv auszuleben. Ob als Reporter, Wegweiser, Hinweiser und was auch immer. Aber speziell: Man kann viele Aktionen über das Magazin starten (worüber dann auch berichtet wird). Das wäre dann z.B. der Pampazine – Social Club. Bei euch ist der Kopf der ganzen Sache wohl das Anorak21. Aber alls hin oder her: Mein Gedanke war, dass so ein „Kopf“ der ganzen SAche ziemlich wichtig ist. Wenn jede Aktion für sich gestartet wird ist sie schwächer und die Leute, die sich davon eventuell angesprochen fühlen, sind skeptisch und warten ab. Wenn sie jedoch einen bekannten Initiator sehen, ist gleich Vertrauen da und man verbindet das Engagement älterer Projekte mit dem Neuen.
Ich habe nebenbei mal mit einer Sozialpädagogin gesprochen und sie gefragt, was man so machen könnte, wo Möglichkeiten in Deutschland sind. Das war auf die Schnelle schon sehr vielversprechend und ich denke, über solche Wege kann man gut an Brennpunkten ansetzen. Z.B. Nachhilfeunterricht (umsonst) in Grundschulen, gerade mit hohem Migrantenanteil. Mit denen könnte man dann noch mehr Aktionen starten und sie auch einladen zu Fußballspielen usw. Jetzt könnte man auch anfagen, die Aktionen zu verbinden: Der eine schreibt über sowas im Magazin, die anderen kümmern sich darum und versuchen, was zu verbessern. Vielleicht findet man sogar Sponsoren… Ach, es macht Spaß, davon zu träumen. Aber ich habe eigentlich keine Ahnung von sowas. Ich hätte aber Lust da mitzuwirken und meinen Glauben kreativ und praktisch auszuleben.
Das Schöne wäre jedenfalls: Wenn man über einen Missstand mit Betroffenen redet und denen nach einem Interview sagen kann: Ja, wir machen was dagegen oder für euch!“ ist das ne richtig gute Sache. Überzeugend und eindrucksvoll. Na, mal sehen. ich sammel jetzt ein paar Ideen… Danke nochmal für die Inspiration…