Ich habe zu Hause in Kanada, wo ich lange gewohnt habe, einen guten Freund. Das witzige an dieser Freundschaft war, dass ich von Beruf und aus Überzeugung Pastor war und John, wegen etlicher schlechter Erfahrungen, mit Kirche nicht viel anfangen konnte. „Das musst du dir so vorstellen,“ hat er mir mal erklärt, „wenn du eine ganz schlimme Erfahrung bei einem Zahnarzt hast, können die nächsten Besuche noch so schön sein, ein bisschen Angst und ein ungutes Gefühl bleiben immer. Aus dem gleichen Grund habe ich echt Probleme, in den Gottesdienst zu kommen.“ Sein Argument machte Sinn und so fand unser gemeinsamer Gottesdienst wöchentlich in unserer Lieblingskneipe, dem Lighthouse Pub, statt. Während einer dieser Diskussionen über Gott und die Welt stellte mich mein Freund vor die folgende Herausforderung: „Versuch doch mal dein Leitungsteam bei euch in der Kirche davon zu überzeugen, nach dem Gottesdienst nur noch fair gehandelten Kaffee auszuschenken. Ich wette eine Flasche guten Whiskey, dass die da – allein aus Kostengründen – nicht mitziehen werden! Genau der Grund, warum du diese Wette verlieren wirst, ist eine der Hauptursachen, warum Kirche nicht mehr viel mit dem zu tun hat, was Jesus eigentlich wollte und warum ich bei dem Verein nicht mehr mitmachen kann!“ Ich nahm die Wette an und war mir 100% sicher, dass ich hier gewinnen würde. Der Grund, warum ich trotzdem verlor, hatte nicht – wie vermutet – mit Geld zu tun, sondern ganz einfach damit, dass mein Leitungsteam von den Themen Umwelt und soziale Gerechtigkeit einfach wenig Ahnung hatte. Das, was dem Gründer unserer Bewegung, Jesus, so wichtig gewesen ist, war für uns überhaupt kein relevantes Thema mehr. Ich habe danach Gedanken wie Gleichgültigkeit, Kapitalismus, soziale Gerechtigkeit, Kaufsucht usw. immer mehr in Predigten zum Thema gemacht. Bei vielen Älteren stieß das auf viel Unverständnis, bei den 20- bis 30-jährigen auf viel angeregte Diskussion und Interesse. Die Geschichte hat mich sehr zum Nachdenken gebracht. Kann es sein, dass eine innere Unzufriedenheit mit Kirche, gerade bei Jüngeren, ganz viel mit diesem Thema zu tun hat? Wie kann man die Dinge, um die es am Anfang ging, so einfach verlieren und irgendwie voll am Ziel vorbeischießen? Würden vielleicht viel mehr frustrierte Jesus-Nachfolger wieder mitmachen, wenn wir durch kleine und große Aktionen zum Ende von Ungerechtigkeiten wie Armut, Umweltverschmutzung, Mobbing, Unterdrückung usw. beitragen würden? Würden vielleicht sogar ganz viele nach und nach mitmachen? Auf Eure Antworten wäre ich gespannt!